EU-Lobbying

Welche Akteure treten als Interessenvermittler auf europäischer Ebene auf?

Von Julia Mayer / 30.07.2019

Die Akteure Europas stehen in vielfältigen Abhängigkeiten und werden von unterschiedlichen Interessenvertretern beeinflusst. Dabei ist es wichtig, demokratietheoretisch wünschenswerte und bedenkliche Einflüsse der Lobbyarbeit zu erkennen und richtig einzuordnen. Denn nur durch die Unterscheidung von demokratisch begrüßenswerten Interessenvertretern und Einzelinteressen, kann eine ausgeglichene Artikulation entstehen, welche ebenfalls die Interessen der Bürger Europas angemessen berücksichtigt.
Bevor jedoch ein näherer Blick auf die Arten der Interessensvertretungen bei der EU geworfen werden soll, stellt sich die Frage nach der Funktion von Lobbyisten und ihrer Notwendigkeit für die Entscheidungsfindung.

Die Hauptfunktion der Lobbyisten ist die Beobachtung und Analyse politischer Entscheidungen. Auf dieser Basis wird über das weitere Vorgehen beraten. Nach der Analyse des politischen Geschehens folgt die Entwicklung einer Strategie und der Einsatz von Maßnahmen, um die Entwicklungen begleiten und kommentieren zu können. Der erste Schritt besteht in der Sammlung allgemeiner globaler Informationen. Diese werden im zweiten Schritt des Screenings gefiltert und hinsichtlich potenzieller Probleme analysiert. Auf Grundlage dessen werden präzise Details zu den Vorgängen und gezielte Informationen zur Entscheidungssituation gesammelt. Ebenfalls nehmen die Interessensvertreter Kontakt zu Entscheidungsträgern auf und schildern diesen ihre eigenen Positionen und Argumente. Dadurch werden vielfältigere Meinungen in den Entscheidungsprozess miteinbezogen und diese schlagen sich oft im Gesetzesentwurf nieder. Die Meinungspluralität, welche unsere Demokratie ausmacht, steht im Kontext Lobbyismus doch häufig in der Kritik. Diese kritische Betrachtung des Lobbyismus resultiert oft aus intransparenten Entscheidungsprozessen. Wer beeinflusst aber nun die Entscheidungsträger in Brüssel oder nimmt zumindest Einfluss auf ihre Entscheidungen?

Im Wesentlichen lassen sich die sichtbarsten Interessensvermittler in drei Kategorien aufteilen. Kollektive Interessensvertretungen agieren auf nationaler und europäischer Ebene und schaffen formale und informale Beziehungen zu Entscheidungsträgern. Individuelle Interessen werden direkt durch das sogenannte „In-Haus-Lobbying“ vertreten. Daneben existieren kommerzielle Agenturen, die als Vermittler zwischen politischen und privaten Akteuren tätig werden.

Interessengruppen

Die kollektive Interessensvertretung geschieht auf europäischer Ebene überwiegend durch sogenannte Eurogruppen. Dies sind europäische Verbände, welche sich auf die technische und politische Vertretung hinsichtlich der europäischen Rechtssetzung fokussieren. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Mitgliedschafts- und Organisationsstruktur, ihrer Dienste und vor allem in Bezug auf ihre Interessen. NGOs vertreten öffentliche Interessen während die Eurogruppe „Wirtschaft“ spezielle Industrieinteressen oder die Eurogruppe „Kapital“ Arbeitnehmer vertritt.

In-Haus-Lobbyisten

Diese Art der Interessensvermittler agieren nicht-kollektiv, sind also für einen einzigen Akteur angestellt; dies sind oftmals Unternehmen, welche ihre Einzelinteressen im politischen Prozess verfolgen. In-Haus-Lobbyisten nehmen unter starker Bindung zu den nationalen Kontakten in Brüssel spezielle Beobachtungsaufgaben wahr. Im Unterschied zu den Interessengruppen können In-Haus-Lobbyisten die Interessen ihrer Auftraggeber viel zielgerichteter verfolgen, da sie sich nicht im Kollektiv abstimmen und mit einer Kompromisslösung abfinden müssen. Weiter ermöglichen sie dadurch eine flexible Lobbyingstrategie, die jederzeit für Veränderungen offensteht. Zugleiche dienen sie als Vermittler, zum einen für europäische Sachverhalte in der eigenen Firma und zum anderen als Imagevermittler und Repräsentant der Firma bei den Entscheidungsträgern in Brüssel.

Public-Affairs-Agenturen

Hierunter werden Rechtsberatungskanzleien und Lobbyingagenturen gefasst, die das Ziel der politischen Beratung verfolgen. Sie nehmen dabei häufig eine Vermittlerrolle ein und betreiben für gewöhnlich kein aktives Lobbying. Ihnen kommt hingegen eine beratende und unterstützende Rolle zu. So helfen sie bei der Entwicklung einer Lobbyingstrategie und stellen hilfreiche Kontakte her. Die Berater verfügen über eine besondere Expertise für die inneren Abläufe der Entscheidungsprozesse in Brüssel. Folglich bieten sie sich als Starthilfe zum Aufbau eines Büros und für die strategische Planung an.

Fazit

EU-Lobbying ist ein wesentlicher Bestandteil der politischen Entscheidungen auf europäischer Ebene. Deshalb sollte man den Einfluss der Interessensvermittler nicht unter aber auch nicht überschätzen – zumindest sollte er bei der Beurteilung einer Entscheidung berücksichtigt werden.

Quelle und weiterführende Informationen:

Michalowitz, Irina: Lobbying in der EU, Facultas Verlags- und Buchhandels AG, 2007

Author

Julia Mayer (Deutschland)

Studium: Public Management

Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch

Europa ist... eine Werte- und Friedensgemeinschaft, die in dieser Form einzigartig ist, uns verbindet und unerlässlich für unser Zusammenleben ist.

Author: alessandra

Share This Post On

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

css.php