Wie die Europäische Union Falschinformationen bekämpft

In der sogenannten „Post-Truth-Ära“ stellen Fehlinformationen eine reale Bedrohung für die Freiheit der Bürger, das Funktionieren von Institutionen und die Demokratie dar. Während der globalen Covid-19-Pandemie gefährdeten die rasche Ausbreitung von Fake News sowie (insbesondere politische) Verschwörungstheorien die Gesundheit der Bevölkerung. Kostenlose und verlässliche Informationen zu gewährleisten gehört zu den wichtigsten Pflichten auf Seiten von Bürgern und Institutionen. Wie geht die EU also gegen Falschinformationen vor?

Von Elena Noventa / 14.07.2020

Der mediale Kontext, in dem wir uns täglich bewegen, bietet uns Hunderte von Artikeln, Enthüllungsgberichten und anderen Inhalten, sehr oft unvollständig, fehlinterpretiert oder rundweg falsch: Fake News, Halbwahrheiten, irreführende Werbung, Schwindeleien, Verschwörungskampagnen. All das ist das Ergebnis einer wettbewerbsbasierten Kommunikationskultur zwischen verschiedenen Medienkanälen, die Informationen nicht mehr prüfen, nur damit sie diese als Erste publizieren können; oder einer Clickbait-basierten Kultur, die von den vielen Views und geteilten Inhalten auf Fake News oder viralem Content profitiert. Sehr oft haben Falschinformationen auch politische Ziele. Sie sollen beispielsweise von innen oder außen die Glaubwürdigkeit eines bestimmten Staates, einer bestimmten Regierung oder Institution unterminieren, um eine Schieflage herbeizuführen.

Als Ex-Hohe-Vertreterin des EAD (Europäischer Auswärtiger Dienst) hat Federica Mogherini betont: „Europa ist verpflichtet, die Demokratie zu schützen und die Verbreitung von Fake News, die Hass, Spaltung und das Misstrauen gegenüber der Demokratie schüren, zu verhindern. Wir haben uns entschieden, als Europäische Union gemeinsam zu handeln und unsere Gegenmaßnahmen zu verstärken, unsere Prinzipien zu fördern und die Widerstandskraft der Gesellschaften innerhalb unserer Grenzen und in unserem Erdteil zu unterstützen. Das ist die europäische Art und Weise, auf eine der größten Herausforderungen unserer Zeit zu reagieren. “

EU-Plan gegen Desinformation

Im Jahr 2015 hat der EAD eine Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von russischen Desinformationskampagnen eingerichtet. Sie soll spezifische Ziele für klare und verlässliche Kommunikation mit den östlichen Anrainerstaaten festlegen, besonders mithilfe der Unterstützung der Pressefreiheit und der Stärkung unabhängiger Medien; sie soll des Weiteren die Fähigkeit der Union verbessern, Desinformationsaktivitäten, die den Kreml begünstigen, vorherzusehen und zu bewältigen sowie die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren. In diesem Zusammenhang wurde das Webportal EUvsDisinformation kreiert, wo Faktenprüfer und Experten falsche Inhalte und Nachrichten aus Russland veröffentlichten, die die EU und ihre Mitgliedstaaten schädigen sollen. 

Im April 2018 wurde dann der EU-Plan gegen Desinformation verabschiedet, der vier Hauptziele verfolgt:

  1. Die allgemeine Fähigkeit der EU-Institutionen und Mitgliedstaaten verbessern, feindliche Desinformationsaktivitäten zu erkennen.
  2. Koordinierte Reaktionen zwischen Staaten und Institutionen zu vereinfachen.
  3. Medien und die Betreiber von digitalen Plattformen zu stärken.
  4. Schulen, Universitäten, Think-Tanks für IT-Dienstleistungen und individuelle Bürger mit einzubeziehen und zu stärken.

Im Juni 2019 wurde der Plan über erreichte Fortschritte mit dem bis dahin umgesetzten Plan präsentiert: Ein Schnellwarnsystem war geschaffen worden, eine digitale Plattform, auf der Staaten und Institutionen rasch miteinander kommunizieren können, Informationen austauschen, sich über die aktuelle Lage einzelner Staaten, entdeckte Probleme und angewandte Lösungen informieren, regelmäßige Berichte übermitteln sowie die Situation im Blick behalten, besonders in empfindlichen Momenten wie den europäischen Wahlen.

Am 16. Oktober 2018 unterzeichneten Facebook, Google, Twitter und Mozilla den Code of good practice, der sie dazu verpflichtet, innerhalb von fünf Bereichen auf ihren Plattformen zu handeln:

  • Die Aussetzung von Werbeeinnahmen von bestimmten Accounts und Webseiten, die Desinformationen verbreiten;
  • Politische und themenbezogene Werbung transparenter machen;
  • Das Problem mit Fake-Accounts und Online-Bots angehen;
  • Konsumenten die Möglichkeit geben, Falschinformationen zu melden und unterschiedliche Nachrichtenquellen zu konsultieren sowie die Sichtbarkeit und Verfügbarkeit verbindlicher Inhalte zu verbessern;
  • Die Forschungsgemeinschaft darin stärken, Falschinformationen online durch Zugang zu Netzwerkdaten zu überwachen bei gleichzeitiger Achtung der Privatsphäre.

Der Covid-19-Notfall und die Infodemie

Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie im März 2020 hat das schwerwiegende und sich immer weiter ausbreitende Phänomen der „Infodemie“ mit sich gebracht: Die Zirkulation einer exzessiven Menge von Informationen und medizinischen Vorkehrungen, sehr oft unbestätigt, falsch, halbwahr oder falsch interpretiert, Verschwörungskampagnen anderer Länder, Mythen. All das hat die öffentliche Meinung verzerrt und negativ beeinflusst, was nicht nur die Demokratie und ihre Funktionalität, sondern auch die Gesundheit der Bürger in Gefahr bringt; wie EAD-Präsident Josep Borrel sagte: „Falschinformationen können töten.“

Die Reaktion der EU erfolgte unmittelbar, indem sie erklärte, dass der Schutz der Freiheit und der Gesundheit der Bürger neutrale Informationen und Respekt vor der Wahrheit erfordere. Am 17. April 2020 setzte das Europäische Parlament die Ziele und zu realisierenden Maßnahmen dafür fest:

  • Den Kampf gegen aggressive Propaganda auswärtiger Einflüsse wie Russland oder China zu verstärken
  • Eine enge Zusammenarbeit mit den offiziellen europäischen Medien und eine Intensivierung der direkten Kommunikation mit den Bürgern, indem man bspw. Kanäle wie offizielle Webseiten für eine sichere und transparente Art, sich zu informieren, anbietet
  • Die Bereitstellung von 5,1 Millionen Euro, um Projekte zu finanzieren, die Pressefreiheit und unabhängige Medien fördern
  • Die Nutzung und Verbesserung der EUvsDisinformation-Plattform als ein Kanal, Informationen, offizielle Nachrichten, monatliche EAD-Berichte über Desinformation and Faktenchecks zu veröffentlichen

Hilf der EU dabei, dir zu helfen

Europa handelt in unserem Interesse und dem Interesse der Gemeinschaft, aber wir sollten nicht vergessen, dass es bei Europa vor allem um uns geht, die es ausmachen, und deshalb können auch wir einen bedeutenden Beitrag dazu leisten, Desinformation zu bekämpfen. 

Zunächst einmal kann es hilfreich sein, sich zwei Grundprinzipien für korrekte Informationen zu vergegenwärtigen: Wähle Quellen aus und überprüfe sie! Überstürze nichts, sei gründlich dabei. Hier noch ein paar nützliche Links, um sich in den Aktivitäten der EU gegen Desinformation zu vertiefen:

Un’Europa che protegge: l’UE interviene per contrastare la disinformazione

Disinformation: how to recognise and tackle Covid-19 myths

Fighting disinformation

Disinformation around the coronavirus pandemic: opening statement by the HR/VP Josep Borrell at the European Parliament

Coronavirus response

Autorin

Elena Noventa (Italien)

 Studium: Kommunikationswissenschaft

Sprachen: Italienisch, Französisch, Englisch

Europa ist… verbunden durch die Grenzen, die es unterteilen.

Übersetzer

Birger Niehaus (Deutschland)

Studium: Deutsch / Skandinavistik

Sprachen: Deutsch, Englisch, Schwedisch, ein bisschen Isländisch und Finnisch

Europa ist … dieses Fleckchen zwischen Alaska und Västerås.

Blog: anseranser.blog

Author: alessandra

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