Sprache | MH Deutsch https://de.meetinghalfway.eu Wo Europa sich trifft Tue, 27 Oct 2020 17:25:57 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.4.4 Europäischer Tag der Sprachen und Zweisprachigkeit https://de.meetinghalfway.eu/2020/10/europaeischer-tag-der-sprachen-und-zweisprachigkeit/ https://de.meetinghalfway.eu/2020/10/europaeischer-tag-der-sprachen-und-zweisprachigkeit/#respond Tue, 27 Oct 2020 17:25:56 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=2052 26. September 2001: Der Europarat und die Europäische Union haben den Internationalen Tag der Europäischen Sprachen eingeführt, um die sprachliche Vielfalt zu feiern und die Bürger zum Erlernen einer Fremdsprache zu motivieren.

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26. September 2001: Der Europarat und die Europäische Union haben den Internationalen Tag der Europäischen Sprachen eingeführt, um die sprachliche Vielfalt zu feiern und die Bürger zum Erlernen einer Fremdsprache zu motivieren.

Von Giulia Barjona / 27.10.2020

Das Erlernen einer Sprache bietet die Möglichkeit, eine neue Kultur zu entdecken, und sich mit dieser auseinanderzusetzen. Es geht darum, sich den Herausforderungen des Lernens zu stellen, und einen Teil des Gehirns weiterzuentwickeln, der normalerweise nur begrenzt benutzt wird.

Viele Kinder lernen bereits von Geburt an mehr als nur eine Sprache: Sie sind zweisprachig. Aufgrund von Forschungs- und Recherchearbeit  hat sich diese Definition  im Laufe der Jahre verändert, und Mythen wurden aufgeklärt.

Zunächst einmal hat hat die Erfahrung gezeigt, dass die Hälfte der Welt zweisprachig ist. Das heißt, dass es Länder gibt, in denen es innerhalb der Familie zur Gewohnheit, und manchmal sogar zur Regel wird, zwei oder mehr Sprachen zu sprechen. Darüber hinaus sind Schulen, in denen das Erlernen einer Fremdsprache einen festen Platz im Lehrplan hat, ebenfalls weit verbreitet.

Zweitens wird heutzutage das Wort zweisprachig verwendet, um Menschen zu bezeichnen, die in ihrem Alltag regelmäßig zwei Sprachen verwenden. Andererseits hat sich die Erwartung, dass eine zweisprachige Person beide Sprachen problemlos beherrscht, weiterentwickelt: Sie kann zum Beispiel einen Akzent haben, oder die Fremdsprache nur in bestimmten Situationen oder abgestimmt auf spezifische Aktivitäten, welche in jedem Sozialbereich unterschiedlich sind, beherrschen. 

Drittens haben Forscher falsche Überzeugungen, wie zum Beispiel der Glaube, dass Zweisprachigkeit eine Ursache für Sprachverzögerung und Sprachbeeinträchtigung sei, beseitigt. Insbesondere haben sie festgestellt, dass es eine Vielzahl an Vorteilen für Kinder gibt. Die Probanden konnten beispielsweise zwischen verschiedenen Lauten unterscheiden, sie waren geistig flexibler, und ihre Gedanken waren komplexer. Darüber hinaus trägt eine ausgeprägtere neuropsychologische Entwicklung dazu bei, das Konzentrationsniveau und die Intuition zu verbessern, und hilft bei der Vorbeugung gegen Alzheimer.

Warum sollte man sich also nicht auf das Studium einer neuen Sprache oder die Verwendung und Vertiefung einer bereits erlernten Fremdsprache einlassen?

Autorin

Giulia Barjona (Italien)

Sprachen: Italienisch, Englisch, Französisch 

Studium:  Erziehungswissenschaft

Europa ist... eine riesige Inspirationsquelle

Übersetzerin

Martine Wilmes (Luxemburg)

Sprachen: Luxemburgisch, Deutsch, Englisch, Französisch, ein bisschen Spanisch

Studium:  MA in englischer Literatur

Europa ist... interkulturelle Beziehungen aufzubauen

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Europa 5.0 – die nächste Stufe der europäischen Integration? https://de.meetinghalfway.eu/2019/06/europa-5-0-die-nachste-stufe-der-europaischen-integration/ https://de.meetinghalfway.eu/2019/06/europa-5-0-die-nachste-stufe-der-europaischen-integration/#respond Sun, 30 Jun 2019 20:00:00 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=1777 Die Digitalisierung verändert die ganze Welt und mithin auch Europa. Um Europa wettbewerbsfähiger zu machen schlagen Frieden/ Heinen/ Leithner in ihrem gleichnamigen Buch ein „Europa 5.0“ als neues Geschäftsmodell für unseren Kontinent vor. Unter diesem Konzept sollen die europäischen Unternehmen ihre Kräfte weiter bündeln und grenzüberschreitend zusammenarbeiten, mit dem Ziel global erfolgreich zu bleiben. Nur so kann unsere Industrie mit der Digitalisierung und dem weltweiten Fortschritt mithalten.

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Die Digitalisierung verändert die ganze Welt und mithin auch Europa. Um Europa wettbewerbsfähiger zu machen schlagen Frieden/ Heinen/ Leithner in ihrem gleichnamigen Buch ein „Europa 5.0“ als neues Geschäftsmodell für unseren Kontinent vor. Unter diesem Konzept sollen die europäischen Unternehmen ihre Kräfte weiter bündeln und grenzüberschreitend zusammenarbeiten, mit dem Ziel global erfolgreich zu bleiben. Nur so kann unsere Industrie mit der Digitalisierung und dem weltweiten Fortschritt mithalten.

Von Julia Mayer / 30.06.2019

Privat nutzen wir alle tagtäglich die unterschiedlichsten Formen der digitalen Kommunikation und Kooperation in Form von sozialen Netzwerken. Die Chancen, welche sich aus diesen neuen Formen der Zusammenarbeit ergeben, bieten sich auch für die Arbeit in den einzelnen Unternehmen, zum Beispiel hinsichtlich der Überwachung und Verbesserung von Prozessen. Jedoch ist die Implementierung und Umsetzung hier meist schwieriger. Zumindest sind die USA und Asien führend, wenn es um den Vergleich der größten Internetunternehmen geht. Das Herz der digitalen Entwicklung liegt bekanntlich im Silicon Valley – an keinem anderen Ort entstehen so viele Start-ups wie an diesem digitalen Hot Spot. Es lässt sich folglich nicht leugnen, dass Europa den Anschluss an die Amerikaner in Hinblick auf die Entwicklung des Internets verpasst hat. Jedoch sollten wir unsere Kraft nicht darauf fokussieren, diesen Vorsprung einzuholen oder gar den anderen Ländern nachzulaufen. Vielmehr ist es notwendig, in die Zukunft zu blicken und sich bei der Umsetzung der digitalen Technologien nicht ausschließlich auf den Dienstleistungssektor begrenzen.

Big Data: Auswirkungen auf die Industrie

Die Digitalisierung fordert eine weitere Revolution der Industrie. Fertigungsprozesse können nur bestehen, wenn sie intelligent und hochflexibel arbeiten und im Endeffekt eine dynamische Wertschöpfungskette darstellen. Dies gelingt laut Frieden/ Heinen/ Leithner durch umfassende Datenverarbeitung, vollständige Automatisierung der inneren Logistik und komplette Vernetzung der äußeren Logistik. Wenn es um die Sammlung von Daten geht, stehen wir ganz weit vorne. Als nächsten Schritt müssen wir hieran jedoch die Weiterverarbeitung setzen. Diese scheitert momentan an der fehlenden Kompatibilität der einzelnen Geräte, welche die Kommunikation und den Datenaustausch untereinander verhindert. Eine einfachere Kommunikation zwischen allen Beteiligten erwartet uns mit den sogenannten „Smart-Grids“. Dies sind intelligente Stromnetze, welche eine permanente Kommunikation und zugleich eine effiziente Energieversorgung garantieren.

Begünstigung der Globalisierung

Mit der Digitalisierung geht die zunehmende Globalisierung einher. Distanzen werden leichter überbrückbar und eröffnen neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und internationalen Kooperation. Auf der anderen Seite steigen durch diese vereinfachten Markteintrittsbarrieren die Zahl der Konkurrenten. Europäische Unternehmen können unter diesen veränderten Bedingungen mit Internetgiganten wie Amazon nicht mehr mithalten. Es scheint, als ob sie gezielt die Chance der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene ignorieren und als Ziel den Verkauf des eigenen Unternehmens an die internationale Konkurrenz verfolgen. Für ausländische Unternehmen stellt die Investition in ein europäisches Unternehmen der Schlüssel zum gesamten europäischen Markt dar. Um die europäischen Unternehmen zu stärken muss die Bedeutung des Gemeinsamen Marktes klar herausgestellt und in der Unternehmensstrategie verankert werden. Um international konkurrenzfähig zu bleiben, sind Allianzen und ein reger Austausch zwischen den Unternehmen förderlich. Dadurch können Innovationen und Produktionsprozesse effizienter umgesetzt werden. Daneben entsteht durch die Kooperation ein Wissenstransfer, der allen Beteiligten zugutekommt. Die Schlagworte für eine nachhaltige Sicherung der Marktanteile heißen im heutigen Zeitalter folglich: Fokussierung, Konsolidierung und Kooperation.

Digitale Reife

Um eine europäische Verzahnung zu erreichen, gilt es zunächst jedoch digitale Trends ausfindig zu machen und diese auf das eigene Konzept zu transferieren. Nur wenn neue Kooperationsformen entdeckt werden, können sie auch erfolgreich implementiert werden. Studien zeigen jedoch, dass ein Großteil der europäischen Unternehmen Vorteile der Umstellung allein in den Kostensenkungspotenzialen sieht. Viel zu selten, werden die neuen Geschäftsmöglichkeiten betrachtet. Die Implementierung digitaler Technologien fordert zudem die digitale Kompetenz der Arbeitnehmer zu stärken, diese auf den Wandel vorbereiten und sie bei der Umstellung zu begleiten. Hier gilt es, die Vorteile für alle herauszukristallisieren und aufzuzeigen. Die Chancen müssen dabei immer in Abwägung mit den Risiken stehen.
Wie bei jedem Projekt und jeder Veränderung im Arbeitsablauf ist es wichtig, alle miteinzubeziehen, den Wandel zu kommunizieren und ihn grundlegend zu vollziehen. Auf diese Weise können europäische Unternehmen auch zukünftig mit dem internationalen Markt mithalten. Also kooperieren, kommunizieren und verändern Sie!

Quelle und weitere Ausführungen in:
Frieden, L./ Heinen N./ Leithner S.: Europa 5.0 – Ein Geschäftsmodell für unseren Kontinent, Campus – Verlag, 2016

Author

Julia Mayer (Deutschland)

Studium: Public Management

Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch

Europa ist... eine Werte- und Friedensgemeinschaft, die in dieser Form einzigartig ist, uns verbindet und unerlässlich für unser Zusammenleben ist.

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Meine Sprache, mein Zuhause: Ukrainisch https://de.meetinghalfway.eu/2017/11/meine-sprache-mein-zuhause-ukrainisch/ https://de.meetinghalfway.eu/2017/11/meine-sprache-mein-zuhause-ukrainisch/#respond Thu, 23 Nov 2017 09:47:21 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=1508 In diesem Teil unserer Reihe ‘Meine Sprache, mein Zuhause’ lernen wir das Ukrainische kennen, eine Sprache mit 45 Millionen Sprechern, über die die meisten Menschen sehr wenig wissen.

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In diesem Teil unserer Reihe ‘Meine Sprache, mein Zuhause’ lernen wir das Ukrainische kennen, eine Sprache mit 45 Millionen Sprechern, über die die meisten Menschen sehr wenig wissen.

Von Nataliya Sira / 23.11.2017

Mehr Texte unserer Reihe “Meine Sprache, mein Zuhause” findest du hier.

Denken wir vielleicht oft darüber nach, wie schön unsere Sprache ist, wie toll sie klingt und wie klar sie unsere Gedanken und Gefühle vermitteln kann?

Die meisten Menschen messen ihrer Muttersprache nicht viel Bedeutung bei und sehr häufig fallen einem gewisse Merkmale der eigenen Sprache erst beim Lernen anderer Sprachen auf. Erst wenn wir andere Sprache lernen, suchen wir nach Übereinstimmungen in unserer Muttersprache und manchmal verstehen wir dann, dass es in unserer Muttersprache viele verschiedene grammatische und lexikalische Regeln gibt, die in der Sprache, die wir lernen, schlicht nicht existieren.

Ich fing erst an, über den Reichtum der ukrainischen Sprache nachzudenken, als ich gründlich Italienisch, Englisch und Deutsch lernte. Als ich im Ausland war und andere Sprachen sprach, bemerkte ich, dass ich mich im Ukrainischen so oder so ausdrücken konnte, während ich mich im Deutschen, Italienischen oder Englischen einer ganz anderen Art, Sätze zu bilden, anpassen musste. In Italien erkannte ich beispielsweise, dass mich die Leute nicht verstanden, wenn ich in einer Alltagssituation einfach das Ukrainische ‘Du musst in Bus Nummer 3 einsteigen’ (‘Вам потрібно сісти на автобус номер 3’) übersetzte, mich die Leute nicht verstanden. Die Italiener sagen nämlich ‘Deve prendere l’autobus numero 3’ (wörtlich ‘Du musst den Bus Nummer 3 nehmen’), während im Ukrainischen eine Person ‘im Bus sitzt’. Wenn Ausländer zum ersten Mal Ukrainisch hören, sind sie verblüfft angesichts der Musikalität der Sprache und so vieler Laute, die untypisch sind für den Großteil der europäischen Sprachen.

Hier kann man sich eine der berühmtesten und geschichtsträchtigsten ukrainischen Bands anhören, Okean Elzy mit ihrem Hit ‘Обійми’, ‘Umarmung’.

Die ukrainische Sprache gehört zur slawischen Untergruppe der indoeuropäischen Sprachfamilie und ist die offizielle Sprache der Ukraine. Sie wird von zirka 45 Millionen Menschen gesprochen. Die meisten davon leben im Gebiet der Ukraine. Der Rest der Sprecher verteilt sich auf Weißrussland, Moldawien, Polen, Russland, Rumänien, die Slowakei, Kasachstan, Argentinien, Großbritannien, Kanada, die Vereinigten Staaten und andere Länder, wo Ukrainer leben.

Map of Ukraine and its neighbouring countries

Mappa dell’Ucraina e dei paesi limitrofi

Die ukrainische Sprache hat eine überaus reiche Geschichte, was ihren Kampf ums Überleben angeht. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts verbot beispielsweise ein Dekret Peters I. von 1720 Druckerzeugnisse in ukrainischer Sprache. Etwas später, im Jahr 1763, verbot Katherina II. zugunsten des Russischen, an der Kiew-Mohyla-Akademie auf Ukrainisch zu lehren. Im 19. Jahrhundert wurde Polnisch als Hauptsprache in allen öffentlichen Schulen der heutigen Westukraine eingeführt und 1892 gab es sogar ein Verbot, Bücher aus dem Russischen ins Ukrainische zu übersetzen. Schließlich wurden mit der Russifizierungskampagne Anfang des 20. Jahrhunderts eine ukrainische Ausbildung, Kirchen und Wörter verboten. Obwohl die ukrainische Sprache jahrhundertelang drangsaliert wurde und und ihre Sprecher verfolgt und zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, nur weil sie auf Ukrainisch schrieben oder dessen Rechte und Interessen verteidigten, hat das Ukrainische all diese Schwierigkeiten überwunden und ist zur offiziellen Sprache der Ukraine geworden. Die Jahre unter den Invasoren haben ihre Spuren hinterlassen und die meisten Sprachreformen der Besetzer spiegeln sich im Wortschatz der ukrainischen Sprache wider, was zu der Bildung regionaler Dialekte und Mischsprachen beigetragen hat, deren verbreitetste heute wohl Surschyk ist.

Während seiner Geschichte hat das Ukrainische immer mit einer anderen Sprache aus der slawischen Gruppe der indoeuropäischen Sprachfamilie im Streit gelegen: dem Russischen. Wenn wir die Unterschiede im Vokabular zwischen den slawischen Sprachen analysieren, um herauszufinden, welche Sprache dem Ukrainischen am ähnlichsten ist, wäre dies zunächst das Weißrussische und erst dann das Russische. Trotzdem hatte das Russische selbst großen Einfluss auf den Status der ukrainischen Sprache, die während der Russifizierungspolitik in offiziellen Zusammenhängen als wenig prestigeträchtig galt. Während starker Russifizierungsperioden entstand dann die ukrainisch-russische Mischsprache Surschyk. Ein Großteil der Menschen, die zuvor Ukrainisch sprachen, versuchten oder wurden gezwungen, sich nach dem Eintreten sprachlicher Russifizierungsreformen auf Russisch auszudrücken. Da die meisten Menschen aber kein Russisch konnten, begann die Bevölkerung, eine Mischversion der beiden Sprachen zu benutzen. Die zweite Welle des Surschyk kam in den 90ern mit der ukrainischen Selbständigkeit, als die ukrainische Sprache allmählich als prestigeträchtig angesehen wurde. Während dieser Periode versuchten die Russisch sprechenden Einwohner der Ukraine, sich auf Ukrainisch auszudrücken, womit sie ein russisch-ukrainisches Surschyk schufen. Eines der gängigsten Beispiele des gewöhnlichen Surschyk ist das Interrogativpronomen ‘шо’ [scho], was dem Deutschen ‘was’ entspricht und aus der Verschmelzung des ukrainischen ‘що’ [schcho] und des Russichen ‘что’ [chto] entstand. Dieses Surschyk-Pronomen wird nicht nur von vielen Menschen im Alltag, sondern auch in der Literatur verwendet. Letztlich hat es dem zweisprachigen Portal für zeitgenössische Kultur ‘ШО’ seinen Namen gegeben.

Ternopil city

Ternopil Stadt © N. Sira

Heute ist das Ukrainische nicht nur im (säkulären) Alltag eine prestigeträchtige Sprache, sondern auch auf Internetseiten, privaten Blogs und den Profilen einiger trendiger Influencer auf Instagram. Viele Werke ukrainischer Schriftsteller wie Jurij Andruchowytsch, Oksana Sabutschko, Serhij Schadan und weiterer ukrainischer Autoren sind in andere Sprachen übersetzt worden und wurden daraufhin zu Bestsellern außerhalb der Ukraine. Die ukrainische Sprache wird auch im Ausland studiert, normalerweise von Studenten an Fakultäten für Fremdsprachen, die sich in der Slawistik spezialisieren. Beim Gespräch mit österreichischen Studenten, die Ukrainisch und Russisch als Spezialisierung gewählt haben, besonders mit Studenten der Universität Wien, konnte man oft hören, dass diese zwei Sprachen sich in Wahrheit stark voneinander unterscheiden, nicht nur hinsichtlich des Vokabulars, sondern auch hinsichtlich der Phonetik und der Grammatik. Die ukrainische Sprache gewinnt allmählich an Prestige bei ausländischen Studenten, die in die Ukraine kommen, um Ukrainisch mithilfe von Sprachkursen zu lernen. Außerdem werden gerade zahlreiche Internetplattformen entwickelt, sowohl für Ausländer, die daran interessiert sind, Ukrainisch zu lernen, als auch für Ukrainer, die ihr Wissen über ihre Muttersprache verbessern möchten.

Die ukrainische Sprache entfaltet sich momentan ebenso außerhalb der Ukraine dank internationaler ukrainischer Organisationen; Gelehrte und Schriftsteller, die sich, trotz ihres Aufenthalts im Ausland, mit literarischen Aktivitäten auf Ukrainisch beschäftigen. Darüber hinaus steigt die Zahl der Studenten, die Ukrainisch als Studienfach wählen, mit jedem Jahr und wenn eines gewiss ist, dann dies: So lange es Sprecher einer bestimmten Sprache gibt und Leute, die sich dafür interessieren, sie zu lernen, wird sie weiterexistieren.

Mehr Texte unserer Reihe “Meine Sprache, mein Zuhause” findest du hier.

Autorin

Nataliya Sira (Ukraine)

Studium: Fremdsprachen für internationale Kooperation und Kommunikation

Sprachen: Ukrainisch, Italienisch, Englisch, Russisch, Deutsch

Europa heißt... mehr Möglichkeiten für alle!

Übersetzung

Birger Niehaus (Deutschland)

Studium: Deutsch / Skandinavistik

Sprachen: Deutsch, Englisch, Schwedisch, ein bisschen Isländisch und Finnisch

Europa ist … dieses Fleckchen zwischen Alaska und Västerås.

Blog: anseranser.blog

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Meine Sprache, mein Zuhause: Englisch https://de.meetinghalfway.eu/2017/06/meine-sprache-mein-zuhause-englisch/ https://de.meetinghalfway.eu/2017/06/meine-sprache-mein-zuhause-englisch/#respond Thu, 08 Jun 2017 17:32:03 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=1414 Einer der interessantesten Aspekte des Englischen sind bestimmt die vielen Variationen der Sprache, die weltweit gesprochen werden. Englisch wird in Ländern gesprochen, die sich auf gegenüberliegenden Seiten des Erdballs befinden, und daraus ergibt sich eine erstaunliche Vielfalt.

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Einer der interessantesten Aspekte des Englischen sind bestimmt die vielen Variationen der Sprache, die weltweit gesprochen werden. Englisch wird in Ländern gesprochen, die sich auf gegenüberliegenden Seiten des Erdballs befinden, und daraus ergibt sich eine erstaunliche Vielfalt.

Von Sarah Robinson / 8.6.2017

Mehr Texte unserer Reihe “Meine Sprache, mein Zuhause” findest du hier.

Der Teil der Welt, in dem Englisch die meistgesprochene, und oft sogar einzige Sprache der Bevölkerung ist, lässt sich grob in drei Gegenden unterteilen: die britischen Inseln, Ozeanien / Australien und Nordamerika. (Hinzu kommen noch andere wichtige Staaten in Afrika und der Karibik.)

Staaten, in denen Englisch Amtssprache ist © Anja Meunier

Die bedeutendsten Unterschiede zwischen den Dialekten finden sich in Rechtschreibung und Wortschatz. Australische und britische Muttersprachler würden zu Herbst autum, zum Aufzug lift und zum Schrank wardrobe sagen, während Amerikaner fall, elevator und closet benutzen würden. In der britischen Rechtschreibung benutzt man bei Verben die Endung -ise anstatt des amerikanischen -ize (zum Beispiel bei specialise, organise oder memorise), und man schreibt Nomen mit -our statt -or (zum Beispiel favourite oder colour).

Doch obwohl sich die Dialekte des Englischen in Stil, Vokabular, Aussprache und Grammatik unterscheiden, kommt es extrem selten vor, dass beispielsweise ein Kanadier einen Neuseeländer nicht versteht, und umgekehrt. Falls man sich gegenseitig wirklich nicht verständigen kann, lässt sich das meistens darauf zurückführen, dass einer oder beide einen sehr starken Akzent haben, doch nach meiner Erfahrung lässt sich normalerweise zumindest die generelle Bedeutung vermitteln.

Englisch wird oft als sehr geradlinige Sprache wahrgenommen, und ich bin geneigt dem zuzustimmen. Dies wird besonders gut von unserer Tendenz zu Namenwort-Ketten illustriert. Eine Namenwort-Kette ist einfach eine Reihe von Wörtern, eins nach dem anderen, die dazu dient, das letzte Nomen zu bestimmen ohne auf andere Tricks wie Adjektive oder Präpositionen zurückzugreifen. Sie werden hauptsächlich im Business-Kontext oder in der Politik und Verwaltung verwendet, doch man findet sie auch anderswo. Wenn zum Beispiel der örtliche Gemeinderat einen Park errichten möchte, um einen Jahrestag zu feiern, wäre es vollkommen angemessen, dies als das “anniversary park construction project” (“Jahrestagsparkerrichtungsprojekt”) zu bezeichnen. Probleme ergeben sich jedoch dann, wenn dieser Behörden-Sprech überhandnimmt, und die Bedeutung sich nur noch schwer entschlüsseln lässt, besonders von Nichtmuttersprachlern. Mein persönliches Lieblingsbeispiel stammt von einer Regierungswebseite, es ist ein Bericht namens “independence payment assessment criteria equality analysis” (“Unabhängigkeitsbeitragsüberprüfungskriteriengleichheitsanalyse”).

Eine Sache, um die ich diejenigen, die Englisch lernen, als Muttersprachlerin nicht beneide, ist der Umgang mit der Rechtschreibung und der Aussprache von Wörtern. Es stimmt zwar, dass Englisch nicht solche linguistischen Vielschichtigkeiten aufweist, wie zum Beispiel das grammatische Geschlecht, doch manchmal ist ihm eine gewisse “Regellosigkeit” zu Eigen. Sehen wir uns zum Beispiel die Buchstaben “ough” an und vergleichen die verschiedenen Aussprachen der folgenden Wörter: rough [ruhf], plough [plou], though [th oh], through [throo], hiccough [hik-uhp], and thorough [thur-oh] (rau, Pflug, obwohl, durch, Schluckauf, gründlich).

Wenn du dich noch mehr verwirren lassen möchtest, schau dir diesen Ausschnitt des Gedichts “The Chaos” von Gerard Nolst Trenité an, in dem es auch um dieses Thema geht. Das Gedicht enthält rund 800 der verwirrendsten Rechtschreib- und Ausspracheunregelmäßigkeiten des Englischen. Ich sollte noch anmerken, dass sogar Muttersprachler nicht das komplette Gedicht korrekt vorlesen können!

“Have you ever yet endeavoured
To pronounce revered and severed,
Demon, lemon, ghoul, foul, soul,
Peter, petrol and patrol?
Billet does not end like ballet;
Bouquet, wallet, mallet, chalet.
Blood and flood are not like food,
Nor is mould like should and would.
Banquet is not nearly parquet,
Which exactly rhymes with khaki.
Discount, viscount, load and broad,
Toward, to forward, to reward,
Ricocheted and crocheting, croquet?
Right! Your pronunciation’s OK.
Rounded, wounded, grieve and sieve,
Friend and fiend, alive and live.”

Hier kannst du das ganze Gedicht lesen und hier kannst du dir anhören, wie es (größtenteils!) korrekt ausgesprochen wird.

Westminster Bridge, London © Anja Meunier

Ich bin nicht der Meinung, dass die englische Sprache geschützt werden muss, oder dass sie “rein” bleiben muss. Tatsächlich hat Englisch das Glück, eine der meistgesprochenen Sprachen der Welt zu sein, und nicht vom Aussterben bedroht zu sein, wie viele andere Sprachen. Die aktuelle Welle des Nationalismus in Großbritannien hat diese harsche Meinung einiger zwar sichtbar gemacht, doch die englische Sprache entwickelt sich konstant weiter und ist historisch betrachtet schon immer eine Sprache, die sich viel von anderen “ausleiht”. Wir nehmen die Wörter anderer Sprachen in unseren Sprachgebrauch und denken nicht ein einziges Mal darüber nach, dass es sich nicht um “englische Wörter” handeln könnte. Wir benutzen Wörter wie Kindergarten, déjà vu, de facto, al dente, per capita, zeitgeist und en masse, um nur ein paar zu nennen. Wir fügen unseren Lexika mit Leichtigkeit Neologismen hinzu, von denen viele aus der Welt des Internets stammen, zum Beispiel spam, crowdfunding, und googling, die inzwischen alle offiziell in englischen Wörterbüchern stehen. Die Aufnahmefähigkeit und Heterogenität des Englischen machen seinen Charme und seine Stärke aus, und je mehr Leute es sprechen, um so besser!

Um mehr über die historische Tendenz des Ausleihens in der Englischen Sprache zu lernen, schau dir das Video ‘The History of English’ der Open University an.

Mehr Texte unserer Reihe “Meine Sprache, mein Zuhause” findest zu hier.

Autorin

Sarah Robinson (Vereinigtes Königreich)

Studium: Französische und Deutsche Sprache und Literatur

Sprachen: Französich, Deutsch und Englisch

Europa ist… komplex und unbezahlbar.

Übersetzung

Anja Meunier (Deutschland)

Studium: Mathematik und Wirtschaft

Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch

Europa hat… schöne Länder, interessante Leute, einen tollen Lebensstil. Und muss zusammen halten.

500px: Anja Meunier

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https://de.meetinghalfway.eu/2017/06/meine-sprache-mein-zuhause-englisch/feed/ 0
Die Sprache der Inklusion https://de.meetinghalfway.eu/2017/05/die-sprache-der-inklusion/ https://de.meetinghalfway.eu/2017/05/die-sprache-der-inklusion/#respond Sun, 07 May 2017 13:41:20 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=1387 Der Aufbau unserer Sprachen kann über die Zeit soziale Probleme bereiten – das ist vielen vermutlich schon vorher aufgefallen, dennoch ist es wichtig, das nochmal hervorzuheben. Sprache steht im Herzen einer jeden individuellen Erfahrung, jeder einzelnen Idee. Zugleich kann die Sprachstruktur unser Denken oft einschränken oder erweitern.

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Der Aufbau unserer Sprachen kann über die Zeit soziale Probleme bereiten – das ist vielen vermutlich schon vorher aufgefallen, dennoch ist es wichtig, das nochmal hervorzuheben. Sprache steht im Herzen einer jeden individuellen Erfahrung, jeder einzelnen Idee. Zugleich kann die Sprachstruktur unser Denken oft einschränken oder erweitern.

Von Ioana Cristina Cristocea / 7.5.2017

Das menschliche Gehirn denkt in einer Standardsprache. Menschen, die zwei- oder mehrsprachig aufwachsen, entdecken oft leichte Veränderungen in ihrer Persönlichkeit, je nachdem in welcher Sprache sie sprechen. Alleine diese Tatsache zeigt, dass bestimmte Strukturen durch die verwendete Sprache geformt werden. Es ist daher von großer Bedeutung, sich dieser Muster bewusst zu sein und sie, je nach Kontext, hinnehmen oder umgehen zu können.

Um aufzuzeigen, wie sehr wir uns der Sprache bewusst sein sollten, wollen wir zunächst das englische Wort „stranger“ genauer betrachten. Vermutlich die Hälfte von euch wird bei diesem Wort zunächst an eine Person denken, die jemanden unbekannt ist; die andere Hälfte wiederum sieht darin etwas, das mehr als merkwürdig ist. Um zu erklären, wie ein Wort zwei verschiedene Bedeutungen haben kann, können wir die Definitionen aus dem Wörterbuch zu Rate ziehen: Ein „stranger“ (auf Deutsch: Fremder) ist eine „Person, die einer anderen unbekannt ist, die sie nicht kennt“; „strange“ (auf Deutsch: merkwürdig / fremd) dagegen wird definiert als „ungewöhnlich und überraschend; etwas, das sich nur schwer verstehen oder erklären lässt“.

Suchen wir außerdem zum Beispiel noch nach dem englischen Wort „prejudice“. Es kann als Vorurteil übersetzt werden und bedeutet eine „voreilig gefasste Meinung, die nicht auf Erfahrung oder Tatsachen beruht“. Es kann jedoch auch eine andere Bedeutung haben, nämlich Schaden oder Nachteil, „der durch eine Handlung oder Beurteilung entsteht oder entstehen kann“.

Angesichts dieser Ähnlichkeiten kommen wir ins Stutzen: Haben diese Bedeutungen etwa einen gemeinsamen Ursprung und wenn ja, in welcher Form? Wollten unsere Vorfahren, die sich dieses verwirrende Sprachsystem ausgedacht haben, uns damit beibringen, dass ein Fremder jemand ist, vor dem man Angst haben sollte? Oder wollten sie uns eher darauf aufmerksam machen, dass eine vorgefertigte Meinung Schaden verursachen kann? Diese Übereinstimmungen, die wir hier aufgrund ihres verwirrenden Gebrauchs hervorgehoben haben, sollen uns als Beispiel dafür dienen, wie wichtig Sprache im täglichen Gebrauch ist.

In vielerlei Hinsicht öffnet Sprache uns Türen. Durch das Austauschen eines einzigen Wortes kann unser Standpunkt eine ganz neue Bedeutung bekommen und sehr viele neue Nuancen offenlegen, die ohne diese Änderung verloren wären. Worte können eine bestimmte Geisteshaltung ausdrücken, denn sie transportieren eine Vielzahl an Gefühlen, die bei deren Gebrauch mitschwingen. Diese Gefühle lassen sich leicht an andere vermitteln und können dann wiederum beim Gegenüber verschiedene Reaktionen auslösen. Ein Satz wie “Stranger things will happen” (“Es werden merkwürdige Dinge geschehen”) lässt euch vielleicht für einen kurzen Moment einen Schauer den Rücken herunterlaufen.

Es gibt noch viele weitere Probleme, die von der Sprachstruktur ausgehen. Die reine Existenz von geschlechterbasierter Kennzeichnung ist eines der häufigsten Probleme. In vielen Sprachen der Welt werden Berufe mit weiblichen oder männlichen Substantiven bezeichnet. Deutsch, Spanisch, Italienisch oder Rumänisch sind nur ein Teil der Sprachen, die diese alte Struktur beibehalten: “Profesor/ profesoara” im Rumänischen, “Lehrer/ Lehrerin” im Deutschen, “Maestro/ Maestra” im Spanischen. Es gibt absolut keinen Grund, weshalb das Geschlecht einer Person Einfluss auf deren Berufsausrichtung haben sollte, aber verschiedene Wortbenennungen suggerien uns, dies spiele eine Rolle.

Illustration: Begüm Saral

Zusätzlich findet man in der rumänischen Sprache ein besonders eindruckvolles Beispiel. Im Rumänischen wird das Word “om”, das so viel wie “Mensch” bedeutet, als neues Wort angesehen, das aus dem Französischen ins Rumänische übernommen wurde (solche Wörter nennt man „Neologismen“). Der Hintergrund für diese Entwicklung liegt darin, dass es zuvor schlicht kein Wort für ein menschliches Wesen gab und die Menschen andere Personen geschlechterbasiert benennen mussten: „Barbat” für männlich, „Muiere” für weiblich. Umso rätselhafter, wenn man bedenkt, dass “muiere” heutzutage eher abfällig verwendet wird, etwa dem alten Muster entsprechend, nach dem Frauen zu Männern gehören.

Dies alles sind nicht nur theoretische Überlegungen. Sprache hat einen direkten Effekt auf unsere Handlungen. Viele Studien legen nahe, dass Mädchen einen Beruf als schwerer zu erreichen ansehen, wenn er lediglich mit einem männlichen Substantiv beschrieben wird, als wenn er mit einem neutralen oder sowohl weiblich als auch männlichen Ausdruck bezeichnet wird.

Auch wenn es sich hier um isoliert betrachtete Beispiele handelt, sind sie nicht zufällig ausgewählt worden. Sie wurden ausgewählt, weil sie die semantische Familie dieser Artikelidee bilden, der Idee, dass wir den Kampf gegen Diskriminierung noch auf einem ganz anderen Feld angehen müssen. Selbstverständlich beschränkt sich die Problematik nicht auf Wörter mit doppelter Bedeutung oder geschlechterbasierte Benennungen.

Das Problem hat eine viel größere Tragweite. Es beinhaltet auch, eine Frau in einem Streit „Hure“ oder „Schlampe“ zu nennen. In den meisten Fällen bedeutet diese Wortwahl nicht, dass die Betreffende mit vielen Personen schläft, sondern es geht lediglich um eine allgemeine Beleidigung. Ganz offenkundig ist es nicht gerechtfertigt, jemanden danach zu beurteilen, mit wem oder wie vielen Personen er oder sie schläft. Es ist aber außerdem außerordentlich wichtig zu verstehen, dass der häufige Gebrauch als Schimpfwort mehr auslöst als „nur“ zu verletzen. Es bestärkt die stereotype Ansicht, dass Frauen die Anzahl ihrer Partner beschränken sollen. In ihm schwingt als Last die Vorstellung mit, dass Frauen Zugang zu ihrer eigenen Sexualität verwehrt wird. Das verletzt nicht nur, sondern vernichtet auch den Fortschritt, für den in der jüngsten Vergangenheit gekämpft wurde, insbesondere wenn man bedenkt, dass die männlichen Pendants „Hurenbock” oder „Player“ manchmal sogar mit Stolz getragen werden und damit nur die Ansicht verstärkt, dass ein Mann, der viele “Frauen erobert“, besonders männlich ist.

Ein ähnliches Muster ist zu erkennen, wenn ein abwertendes Wort gewählt wird, um über jemandes Rasse oder Ethnie zu sprechen. Bei der genauen Absicht mag es sich nur um einen Witz oder um eine absichtlich verletztende Bemerkung handeln, gewiss geht aber das Ergebnis bei weitem über die Person hinaus, um die es geht.

Die Wahl jedes einzelnen Wortes zählt, denn Worte können uns helfen, alte Ansichten aufzubrechen; oder sie können noch eine weitere Barriere zu dem Kampf hinzufügen, den wir alle führen sollten. Der erste Schritt ist, sich der Implikationen der Worte, die wir verwenden, bewusst zu werden. Worte zählen.

Autorin

Ioana Cristina Cristocea (Rumänien)

Studium: International Relations and European Studies

Sprachen: Rumänisch, Englisch, Französisch und ein bisschen Italienisch

Europa ist… eine Kultur, die gerade entsteht.

Illustration

Begüm Saral (Türkei)

Studium: Architektur

Sprachen: Türkisch, Englisch, Deutsch

Europa ist… eine große Landschaft.

IG: begum_saral

Übersetzung

Anik Weiß (Deutschland)

Arbeit: Übersetzerin / Projektmanagerin

Sprachen: Deutsch, Französisch, Englisch, ein bisschen Spanisch und Italienisch

Europa ist… vielfältig und voller spannender Kulturen, Menschen und Landschaften.

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Quiz: Beleidigen und fluchen in Europa https://de.meetinghalfway.eu/2017/04/quiz-beleidigen-und-fluchen-in-europa/ https://de.meetinghalfway.eu/2017/04/quiz-beleidigen-und-fluchen-in-europa/#respond Fri, 14 Apr 2017 15:09:02 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=1359 Was ist das Erste, was du einem neuen Freund aus einem anderen Land in deiner Muttersprache beibringst? Fast immer ist es ein Schimpfwort, stimmts? Die meisten Erasmus-Studenten kommen als Experten im mehrsprachigen Fluchen zurück nach Hause, und wenn du diese Ausdrücke noch nicht kennst, hast du jetzt die Chance das nachzuholen!

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Was ist das Erste, was du einem neuen Freund aus einem anderen Land in deiner Muttersprache beibringst? Fast immer ist es ein Schimpfwort, stimmts? Die meisten Erasmus-Studenten kommen als Experten im mehrsprachigen Fluchen zurück nach Hause, und wenn du diese Ausdrücke noch nicht kennst, hast du jetzt die Chance das nachzuholen!

14.4.2017

 

Autorin

Anja Meunier (Deutschland)

Studium: Mathematik und Wirtschaft

Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch

Europa hat… schöne Länder, interessante Leute, einen tollen Lebensstil. Und muss zusammenhalten.

500px: Anja Meunier

Illustration

Luzie Gerb (Deutschland)

Studium: Kunstgeschichte, Kunsterziehung und Vergleichende Kulturwissenschaft

Sprachen: Deutsch, Englisch, Schwedisch, Französisch

Europa ist… voller magischer Orte, interessanter Menschen und ihren Geschichten.

Webseite: www.luzie-gerb.de

Übersetzung

Anja Meunier (Deutschland)

Studium: Mathematik und Wirtschaft

Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch

Europa hat… schöne Länder, interessante Leute, einen tollen Lebensstil. Und die Notwendigkeit zusammen zu halten.

500px: Anja Meunier

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Meine Sprache, mein Zuhause: Deutsch https://de.meetinghalfway.eu/2017/03/meine-sprache-mein-zuhause-deutsch/ https://de.meetinghalfway.eu/2017/03/meine-sprache-mein-zuhause-deutsch/#respond Sun, 26 Mar 2017 16:45:52 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=1062 In den letzten Jahren hat Deutsch als Fremdsprache sehr an Beliebtheit gewonnen, überall in Europa und der Welt möchten die Menschen plötzlich Deutsch lernen. Deutsch ist in Mode. Doch niemand ist davon so überrascht wie wir Muttersprachler.

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In den letzten Jahren hat Deutsch als Fremdsprache sehr an Beliebtheit gewonnen, überall in Europa und der Welt möchten die Menschen plötzlich Deutsch lernen. Deutsch ist in Mode. Doch niemand ist davon so überrascht wie wir Muttersprachler.

Von Anja Meunier / 26.3.2017

Teil I: Meine Sprache, mein Zuhause: Katalanisch

Teil II: Meine Sprache, mein Zuhause: Maltesisch

Hat man uns nicht immer gesagt, Deutsch wäre zu schwierig, und außerdem klinge es immer, als würden wir streiten? Nun ja, daran hat sich vielleicht nicht viel geändert. Doch durch die gute wirtschaftliche Lage in der deutschsprachigen Region Europas bekommt meine Muttersprache plötzlich eine ganz neue Bedeutung, und immer mehr Leute entdecken auch die interessanten, schönen und logischen Seiten, die ich auch euch heute näher bringen möchte.

Zunächst einmal: Deutsch kann auch sehr schön und lyrisch klingen! Nicht ohne Grund war Deutsch im 19. Jahrhundert bekannt als Sprache der Dichter und Denker. Goethe, Schiller, Rilke, sie alle werden heute weltweit noch immer hoch geschätzt. Hört euch mal das folgende Gedicht an.

“Der Panther” von Rainer Maria Rilke

Besonders interessant an der deutschen Sprache, und wofür sie berühmt und berüchtigt ist, sind die zusammengesetzten Substantive. Das am häufigsten zitierte Beispiel, das nur zu diesem Zweck erfunden wurde, ist „Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänsmützenbommel“. Das bilden solcher Wörterschlangen ist im Deutschen deshalb möglich, weil, anders als in vielen anderen Sprachen, ein Substantiv, das näher beschrieben werden soll, durch das Voranstellen eines weiteren Substantivs ergänzt werden kann, ohne ein Leerzeichen dazwischen. Durch sehr genaue Beschreibungen erhält man also sehr lange Wörter.

Illustration: Luzie Gerb

In der Realität werden solche Riesenwörter aber fast nicht benutzt, nach zwei oder drei Verbindungen ist Schluss. Trotzdem sind die zusammengesetzten Wörter in kürzerer Form allgegenwärtig. Viele Tiernamen, Gegenstände und andere Namenwörter sind so entstanden. Ich liebe diese Wörter, ihre Logik ist so einfach und kindlich. Ein Bär der seine Hände wäscht? Ein Waschbär! Ein Schwein mit Stacheln? Ein Stachelschwein. Du bist im Frühling glücklich? Frühlingsgefühle! Ein Lied sitzt in deinem Ohr fest wie ein Wurm? Du hast einen Ohrwurm!

Einige dieser Wörter wurden bereits von anderen Sprachen aufgenommen, da sie ganz bestimmte Situationen oder Konzepte sehr treffend beschreiben, zum Beispiel Schadenfreude, Wanderlust, Wunderkind oder Kindergarten.

Illustration: Luzie Gerb

Ein spanischer Freund von mir, dessen Deutsch bereits fantastisch ist, sagte letztens, eine Sache die er nie verstehen werde, sei die Verwendung von Füllwörtern im Deutschen. Davon gibt es tatsächlich sehr viele, zum Beispiel eben, halt, doch, eigentlich, mal, echt, ja, nur… um nur einige zu nennen. Alle haben eine unterschiedliche Bedeutung, die zusätzlich noch vom Kontext abhängt, und wenn man mehrere hintereinander benutzt, heißt es wieder etwas anderes… In dem Satz „Bring doch deine Freundin mit!“ bedeutet das „doch“, dass es sich um einen Vorschlag handelt, während es in „Du bist ja doch gekommen!“ Überraschung ausdrückt.

Eine weitere Besonderheit des Deutschen ist seine Wortstellung, das Wichtigste kommt meist zum Schluss. In seinem von genervten Deutschschülern viel zitierten Text „The Awful German Language“ beschwerte sich Mark Twain unter anderem darüber, dass man sehr lange warten müsse, um zu erfahren, was eigentlich passiert. „Heute Abend bringe ich dich…“ Um? Zum Flughafen? Einer der berühmtesten unvollendeten Sätze der Geschichte ist der, den der damalige Außenminister der Bundesrepublik Deutschland Hans-Dietrich Genscher 1989 auf dem Balkon der deutschen Botschaft in Prag zu geflüchteten DDR-Bürgern sagte: „Wir sind zu Ihnen gekommen, Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise…” Der Rest war in lautstarkem Gejubel nicht zu hören. Grammatikalisch korrekt hätte er aber auch mit „…nicht möglich ist.“ beendet werden können.

Ich finde es auch interessant, wie wir im Deutschen die Wörter anderer Sprachen benutzen, vor allem englische. Manchmal nutzen wir sie, um genauer zu differenzieren. Zum Beispiel benutzen wir das englische Wort „Swimmingpool“ für ein privates Schwimmbecken, während öffentliche Bäder „Schwimmbad“ heißen. Wenn man „shoppen“ geht, kauft man Klamotten, für Lebensmittel benutzen wir das deutsche „einkaufen“. Es gibt aber auch Anglizismen, die einem englischen Muttersprachler sehr komisch vorkommen würden. Zum Mobiltelefon sagen wir „Handy“, „Public Viewing“ sagen wir, wenn wir uns ein Fußballspiel an einem öffentlichen Ort ansehen, doch wörtlich übersetzt heißt das eigentlich Leichenschau.

Deutschsprachige Regionen Europas © A. Meunier

Über 100 Millionen Menschen haben Deutsch als Muttersprache. In Europa wird Deutsch in ganz Deutschland, Österreich und Liechtenstein gesprochen, außerdem in Südtirol, der nördlichsten Region Italiens, in der deutschsprachigen Region der Schweiz, in Luxemburg, in der deutschsprachigen Gemeinde Belgiens, in den Grenzgebieten Elsass und Lothringen in Frankreich, in Nordschleswig in Dänemark, sowie von Teilen der Bevölkerung in einigen osteuropäischen Regionen, beispielsweise in Oppeln in Polen und in Siebenbürgen in Rumänien.

Ich finde es schön, dass meine Muttersprache plötzlich so populär ist. Im Austausch mit Menschen, die sie als Fremdsprache gelernt haben, bekomme ich eine neue Sicht darauf, und beginne, sie ganz neu zu durchdenken und zu hinterfragen.

Autorin

Anja Meunier (Deutschland)

Studium: Mathematik und Wirtschaft

Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch

Europa hat… schöne Länder, interessante Leute, einen tollen Lebensstil. Und muss zusammenhalten.

500px: Anja Meunier

Illustration

Luzie Gerb (Deutschland)

Studium: Kunstgeschichte, Kunsterziehung und Vergleichende Kulturwissenschaft

Sprachen: Deutsch, Englisch, Schwedisch, Französisch

Europa ist… voller magischer Orte, interessanter Menschen und ihren Geschichten.

Webseite: www.luzie-gerb.de

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Meine Sprache, mein Zuhause: Maltesisch https://de.meetinghalfway.eu/2017/01/meine-sprache-mein-zuhause-maltesisch/ https://de.meetinghalfway.eu/2017/01/meine-sprache-mein-zuhause-maltesisch/#respond Mon, 16 Jan 2017 19:00:48 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=1263 Wie viel weißt du über die maltesische Sprache? Nicht viel? In dieser neuen Folge unserer Serie “Meine Sprache, mein Zuhause” kannst du mehr über die Sprache lernen, die auf der kleinen Insel Malta gesprochen wird.

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Wie viel weißt du über die maltesische Sprache? Nicht viel? In dieser neuen Folge unserer Serie “Meine Sprache, mein Zuhause” kannst du mehr über die Sprache lernen, die auf der kleinen Insel Malta gesprochen wird.

Von Sephora Francalanza / 16.1.2017

Teil I: Meine Sprache, mein Zuhause: Katalanisch

Das Maltesische scheint im Laufe der Zeit im Vergleich mit anderen Sprachen immer mehr an Bedeutung zu verlieren, insbesondere gegenüber dem Englischen. Das in einem Land, das von dem Binären, von der Dualität, besessen ist: die nationalistische Partei gegen die Arbeiterpartei, die Rivalität zwischen lokalen Bandclubs. Hier muss sich die maltesische Sprache gegen das Englische behaupten. Wenn man eine maltesische Person fragen würde, warum sie ihrer eigenen Sprache nicht mehr Bedeutung zumisst, würde sie wahrscheinlich sagen, dass Maltesisch einfach nicht mehr sehr nützlich ist. Nicht wenn man es nur auf einer winzigen Insel gebraucht und es nur von rund 400.000 Menschen gesprochen wird. Doch vielen ist nicht klar, wie einzigartig unsere Sprache eigentlich ist, wie sie sich verändert hat, und was sie alles durchlebt hat um in ihrer heutigen Form zu überleben, und wie unglaublich es ist, dass es sie 2016 noch immer gibt.

Auch wenn es sich vielleicht wie ein Klischee anhört, die maltesische Sprache ist tatsächlich ein Schatz, den man schützen sollte. Allein die Tatsache, dass unser kleines Land seine eigene Sprache hat. Unsere Sprache, die in Zeitungen, in der Literatur, im Internet, im Fernsehen und im Theater benutzt wird, wird von einem Großteil unserer Bevölkerung allzu leicht vergessen, wenn man sie doch eigentlich anerkennen und zelebrieren sollte. Es ist nicht das erste Mal, dass jemand aus einem anderen Land mich nach meiner Muttersprache fragt, und fast immer reagieren diese mit der gleichen Mischung aus Überraschung und Faszination, wenn ich erkläre, dass Maltesisch eine Mischung verschiedener Einflüsse aus anderen Sprachen ist, und dass es auch heute noch gesprochen wird. Warum also finden wir selbst das nicht genauso faszinierend wie Menschen aus anderen Ländern? Liegt es daran, dass wir uns einfach daran gewöhnt haben? Oder vielleicht weil wir die Sprache für ihre arabischen Wurzeln verachten? Oder weil es sich im Vergleich zu Englisch so furchtbar anhört? Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass wir nicht genug darüber wissen. Wenn ich den Leuten erzähle, dass ich Maltesisch studiere, fragen sie immer das Gleiche: “Wenn du doch aus Malta bist, sprichst du doch sicherlich schon Maltesisch – warum musst du es noch studieren?”. Ach, es gibt aber doch noch so viele Dinge, die es noch zu entdecken gibt! Mit jeder Vorlesung, die ich besuche, wird mir klarer, wie viel mehr ich noch darüber lernen kann.

malta-map

Malta im Mittelmeer

Maltesisch ist die einzige semitische Sprache, die das lateinische Alphabet benutzt. Die einfachen grammatikalischen Elemente wie Artikel, Pronomen, Zahlen, Verbkonjugationen und das grundlegende Vokabular, welches ein einfaches Leben beschreibt, stammen alle von arabischen Dialekten ab, allen voran Tunesisch. Der dekorative und beschreibende Teil der Sprache stammt jedoch von den romanischen Sprachen ab, die sich aus dem Lateinischen entwickelt haben. Wie funktioniert das? Im Prinzip kann man es sich so vorstellen, als ob die Tür arabisch wäre, während die Supraporte (über einer Tür angebrachtes Gemälde oder Relief, Anm. d. Übers.), die sie dekoriert, romanisch, oder, um genau zu sein, italienisch, ist. Diese Metapher funktioniert auf mehreren Ebenen, denn das maltesische Wort für Tür ‘bieb’ (gesprochen: /bæb/) kommt von dem arabischen Wort باب /bab/, während das maltesische Wort für Supraporte dasselbe ist, wie das italienische: sopraporta. Daran kann man sehen, dass das einfache Wort meist arabisch ist, während die dekorativeren häufig italienischen, sizilianischen, französischen oder spanischen Ursprungs sind. Demnach fügen wir Wörten arabischer Abstammung auch italianisierte Vor- und Nachsilben an und das ist das wirklich Einzigartige an der maltesischen Sprache.

Arabische Wörter im Maltesischen unterscheiden sich heutzutage ein wenig von zeitgenössischem Arabisch, da diese Wörter von den Maltesern vor hunderten von Jahren angenommen wurden, und anschließend auf der vom Meer umschlossenen Insel von anderen arabischsprachigen Ländern isoliert waren, und sich somit anders weiterentwickelten. Im Maltesischen wurden dadurch altertümliche arabische Wörter erhalten, ähnlich denen die im Koran zu finden sind, beispielsweise das maltesische Wort für Bett, ‘sodda’, welches aus dem klassischen Arabisch kommt. Im gesprochenen Arabisch wird jedoch das Wort ‘alfarash’ benutzt, wovon das maltesische Wort für Bettwäsche, ‘friex’, abgeleitet ist.

Während Malta im Laufe der Jahre durch die Hände verschiedener europäischer Herrscher ging, wurden Land und Sprache zunehmend europäisiert. Heutzutage sind die maltesischen Worte für ‘guten Morgen’ und ‘guten Abend’ ‘bonġu’ und ‘bonswà’, abgeleitet von den französischen Begrüßungen ‘bonjour’ und ‘bonsoir’. Doch die Franzosen kamen erst 1798 nach Malta und die Johanniter waren seit 1530 hier, was sagte man also davor? Anstatt ‘bonġu’ sagten wir ‘sbieħ il-ġid’, was man mit ‘Dämmerung des Wohlstands’ übersetzen kann, ein Ausdruck der sich für uns heute viel zu steif und seltsam anhört.

Wenn man zu dem Mix noch Englisch dazu gibt, bekommt man das Maltesische, wie es heute gesprochen wird. Während Englisch zwar durch den neuen Technik Jargon in jede Sprache einsickert, ist in Malta dieser Einfluss besonders stark, da Englisch eine unserer Amtssprachen ist. Als bilinguales Volk versuchen die Malteser ständig, die Balance zwischen den zwei Sprachen zu finden. Der Großteil der Medien, die wir konsumieren, ist auf Englisch, weshalb einige von uns es einfacher finden, sich auf Englisch auszudrücken, besonders wenn man bedenkt, dass hier viele Leute private Schulen besucht haben, in denen immer Englisch gesprochen wurde, außer während des Maltesischunterrichts. Das ist wirklich schade, denn was eignet sich besser um seine Gefühle genau auszudrücken, als die eigene Sprache? Leider trifft man heutzutage auch immer mehr Menschen, die auch während des Sprechens andauernd zwischen Englisch und Maltesisch wechseln, und letztendlich keine der beiden Sprachen perfekt beherrschen.

Trotz alledem haben wir in Malta immer noch sehr unterschiedliche Sprachvarianten, verschiedene Dialekte. Obwohl Malta ein winziges Land mitten im Mittelmeer ist, ein Punkt auf der Landkarte, haben wir unsere eigene Sprache, die sich sogar von Dorf zu Dorf unterscheidet. Die Dialekte, die in einigen Teilen des Landes gesprochen werden, wurden, und werden noch immer, in vielen Studien untersucht. Sie werden nicht nur von der älteren Generation am Leben erhalten, sondern auch von der Jugend, die mit diesen Dialekten aufgewachsen ist, wie zum Beispiel die Dialekte aus Żebbuġ, Qormi, Żejtun, aus der Cottonera Gegend und aus Gozo (zweitgrößte Insel Maltas, Anm. d. Übers.), wo die Variationen des Maltesischen sogar noch stärker ausgeprägt sind, besonders in Xewkija und Nadur. Zum Beispiel gibt es sowohl in Xewkija, als auch in der Cottonera Gegend immer noch Leute, die ‘mit k sprechen’, das heißt sie sprechen das ‘q’ wie ein ‘k’ aus, anstatt als Kehlkopflaut, wie die überwiegende Mehrheit. Somit werden Wörter wie ‘qattus’ (Katze) /ʔɐttʊs/ und ‘qamar’ (Mond) /ʔɐmɐr/ zu ‘kattus’ /kɐttʊs/ und ‘kamar’ /kɐmɐr/. In Għarb, einem kleinen Dorf auf Gozo, sprechen manche Menschen das normalerweise stille ‘h’ und sprechen ‘deħeb’ /dɛhɛp/ anstatt ‘deheb’ /dɛːp/ (Gold), und führen die Sprache damit wieder näher an ihre arabischen Wurzeln heran. Diese Aussprache stirbt langsam aus und wird oft als altertümliche Angewohnheit abgetan, aber man muss die Tatsache würdigen, dass diese Variation auch 2016 noch gesprochen wird.

Tatsächlich gibt es viele Linguisten und Forscher, die unsere Sprache schätzen und bewundern, die sie analysieren und untersuchen. Denn Sprachen sind lebendig, sie entwickeln sich weiter und wachsen, während sie uns von ihrer Geschichte erzählen, und die des Landes und der Gesellschaft zu der sie gehören. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie überrascht ich war, als ich hörte, wie eine deutsche Frau mit anderen Ausländern die etymologischen Wurzeln und grammatikalischen Einzelheiten der maltesischen Sprache diskutierte. Ich sprach sie an und fragte, woher sie soviel über das Maltesische wusste. Sie ist eine deutsche Linguistin, die sich entschieden hatte, ihre Forschung auf die maltesische Sprache zu konzentrieren, und ab und zu das Land besucht um zu hören und zu sehen wie die Malteser miteinander kommunizieren und zu versuchen, unsere Sprache besser zu verstehen. Sie fügte hinzu, dass Maltesisch eine der Sprachen ist, die in Bremen an der Universität gelehrt werden. Ich dachte mir, “Wow, eine Ausländerin die sich so sehr für unsere Sprache interessiert, während der Großteil der Leute auf dieser Insel dazu tendiert sie zu vermeiden. Es ist ihnen fast peinlich, sie zu benutzen, wir finden sie zu informell.” Tatsächlich haben wir angefangen in formellen Briefen oder Emails, oder sogar bei einem Anruf wegen eines Termins, lieber Englisch zu benutzen, weil wir Maltesisch für schlechter halten. Diese Denkweise sollten wir meiner Meinung nach abschütteln. Wenn wir, die Kinder unserer Muttersprache, uns nicht bemühen diese am Leben zu halten, wer dann?

Für das Ende dieses Textes habe ich ein paar Verse aus einem Gedicht von Anastasju Cuschieri ausgewählt, welches 1937 in dem Magazin ‘Leħen il-Malti’ (Die Stimme der Malteser) erschienen ist, die auch heute noch ihre Gültigkeit haben.

 

‘Ilsien Pajjiżi’

Fost l-ilsna kollha, ja lsien pajjiżi,

Isbaħ u bħalek jien ma narax;

Ruħi mingħajrek, bħal fomm imbikkem,

Li jrid jitkellem u ma jistax.

 

Għani f’faqartek, kbir fi ċkunitek

Taqbel ma’ qalbi, taqbel mal-ħsieb;

Bik fuq xufftejja il-mewt għad nara

Tad-dinja l-oħra tiftaħli l-bieb.

Meine Muttersprache

Unter all den Sprachen, oh Muttersprache,

gleicht keine dir und deiner Schönheit;

Ohne dich ist meine Seele wie ein zugenähter Mund,

der sprechen muss, aber nicht kann.

 

In deiner Einfachheit liegt Reichtum, Größe in deiner Geringfügigkeit

Du gleichst meinem Herzen und meinen Gedanken;

Dein werden die letzten Worte auf meinen Lippen sein

während du mich ins nächste Leben trägst.

 

Hör dir hier das Gedicht an. (Programm 6, 2:50 bis 4:25)

 

Autorin

Sephora Francalanza (Malta)

Studium: Maltesisch auf Universitätsniveau

Sprachen: Maltesisch, Englisch, Französisch, Spanisch

Europa ist… eine sich stetig verändernde menschliche Symphonie.

Übersetzung

Anja Meunier (Deutschland)

Studium: Mathematik und Wirtschaft

Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch

Europa hat… schöne Länder, interessante Leute, einen tollen Lebensstil. Und die Notwendigkeit zusammen zu halten.

500px: Anja Meunier

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Neuanfang https://de.meetinghalfway.eu/2015/08/neuanfang/ https://de.meetinghalfway.eu/2015/08/neuanfang/#respond Tue, 18 Aug 2015 09:00:51 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=640 Im Kolping-Bildungswerk in Schwandorf, Deutschland, besuchen Flüchtlinge und Einwanderer aus der ganzen Welt gemeinsam eine Klasse. Ein Unterricht der geprägt ist von verschiedenen Kulturen, alltäglichen Problemen und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

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Im Kolping-Bildungswerk in Schwandorf, Deutschland, besuchen Flüchtlinge und Einwanderer aus der ganzen Welt gemeinsam eine Klasse. Ein Unterricht der geprägt ist von verschiedenen Kulturen, alltäglichen Problemen und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Von Marion Wießmann / 18.8.2015

Sie stehen im Kreis und werfen sich einen Ball zu. Wer ihn fängt, stellt sich vor und begrüßt die Klasse mit einem „Guten Morgen“ in seiner eigenen Sprache. 14 Mal wird der Ball aufgefangen und acht Mal klingt die Begrüßung anders. Die Jugendlichen der Klasse 10b, die im Kolping-Bildungswerk in Schwandorf unterrichtet werden, kommen aus Syrien, Eritrea, dem Irak, Tschechien, Polen, Serbien und der Dominikanischen Republik. Ihre Lehrerin Anna Hanf kommt aus Ungarn. Die Schüler sind allein oder mit ihren Familien nach Deutschland geflohen, wo sie sich eine bessere Zukunft erhoffen. Die jüngsten sind 16, die ältesten schon Mitte 20. Sie erhalten vornehmlich Deutschunterricht, doch auch Sport, Sozialkunde, Kochen und Handwerken stehen auf dem Tagesplan. Alles erscheint bekannt und doch ist alles ganz anders.

An den Wänden des Klassenzimmers hängen selbstgemalte Plakate, die Titel tragen wie „Unser arabisches Lied“, „Unser spanisches Lied“, „Wir können bis zehn zählen – auf sechs Sprachen: Spanisch, Kurdisch, Persisch, Bosnisch, Tschechisch, Tigrinja“ sowie die Raumregeln oder Erklärungshilfen zu Präpositionen und ein christliches Kreuz. Gegenüber sitzen zwei Mädchen aus Syrien mit Kopftuch. Im Streit um die unterschiedlichen Religionen ist es auch schon zu Handgreiflichkeiten gekommen, erzählt die Griechin Anastasia aus einer anderen Klasse. Doch gleichzeitig kann man sehen, dass hier jeder gleichermaßen willkommen geheißen wird, egal welcher Religion er oder sie angehört. Die Jugendlichen könnten ein Vorbild für friedliches und tolerantes Miteinander sein.

Die Hauptaufgabe dieser Stunde ist es das Zirkusprojekt der vergangenen Woche zu rekapitulieren und neue Wörter aus diesem Wortfeld zu lernen: laufen, tanzen, Einrad, Clown, fliegen, werfen. Gerade die letzten beiden machen Probleme. Warum kann man nicht sagen „Ich kann den Ball fliegen.“? Nicht alle Fragen können sofort geklärt werden, denn es ist laut und lebendig im Raum, die schläfrige Lustlosigkeit deutscher Schüler gibt es hier nicht. Trotzdem läuft der Unterricht nicht unkontrolliert ab. Die Motivation zu lernen scheint hier eine andere zu sein. Die umherfliegenden Sprüche könnten auch von deutschen Jugendlichen stammen: „Ey Mann was laberst du?“ Doch manch einer bleibt still und braucht länger, weil er sich noch im Buchstabenmalen versucht. Erst vor ein paar Monaten hat er angefangen das Alphabet zu lernen. Es ist schwer in einer so gemischten Klasse, einen Weg zu finden, sich durchzusetzen und allen gerecht zu werden. Das Bildungsniveau und die Vorkenntnisse sind sehr unterschiedlich. Frau Hanf hat entschieden sich an der Mitte der Klasse zu orientieren, auch wenn das den ein oder anderen unter- oder überfordert. Ein Buch für diesen Mittelweg zu finden, ist allerdings schwer.

Noch weniger gibt es eine Anleitung zum richtigen Umgang mit jungen Menschen, die Dinge erlebt haben, über die sie nicht sprechen können – und das liegt nicht nur an mangelnden Sprachkenntnissen. Frau Hanf erklärt, dass es bei manchen oft sehr lange dauert bis sie Vertrauen fassen und emotional in der Lage sind von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Doch das Schweigen über das Erlebte hat noch einen weiteren Grund. Asylbewerber werden in das Land zurückgeschickt, in dem sie als erstes ihren Fingerabdruck abgegeben haben. Nach dem Dubliner Übereinkommen ist dieses Land zuständig für das Asylverfahren. Um den Nachfolgenden nicht den Weg zu verbauen oder um in Deutschland auf Asyl hoffen zu können, verraten viele Bewerber nichts über die Wege, die sie herführten.

Niemand weiß wie es Senait mit seinen angeblich 16 Jahren geschafft hat aus Eritrea nach Deutschland zu kommen ohne vorher abgefangen zu werden, welche Route er genommen hat. Aber er ist hier. Ohne Pass, der ist wahrscheinlich schon lange verbrannt, ohne Geburtsdaten, ohne Familie. Das Alphabet beherrscht er vielleicht noch nicht ganz, die Satzstellung des Deutschen hat er dagegen schon vor den meisten anderen verstanden.

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Illustration: Luzie Gerb

Senait weiß, genau wie die anderen, warum er lernt. Er hat keine Langeweile, Schule ist für ihn neu und spannend. Als zum Schluss der gemeinsam in der Klasse verfasste Text vorgelesen werden soll, melden sich manche sogar ein zweites Mal, um es noch besser zu machen. Wohl auch dank der Lehrerinnen haben sie hier verstanden, dass sie nicht in einem Schlaraffenland gelandet sind, sondern etwas lernen müssen, um Arbeit zu bekommen. Trotz dieses Wissens brechen viele die Beschulung früher ab und machen sich auf die Suche nach Arbeit. Viele haben Familien in der Heimat zurückgelassen, die auf finanzielle Unterstützung warten, nicht auf das Beenden einer zweijährigen Schulzeit, die den Hauptschulabschluss als Ziel hat.

Doch auch die Angst vor der Abschiebung ist allgegenwärtig. Sie bestimmt das Unterrichtsgeschehen stärker als Hausaufgaben oder die Hauptstädte im Sozialkundeunterricht, wo Frau Maxim den Schülern die wichtigsten Institutionen der EU näher bringen will. Sie sollen das System verstehen lernen, in dem sie gelandet sind. Doch dies trifft auch im Unterricht auf lautstarken Widerwillen. Immer wieder gibt es Zwischenrufe: „Wozu muss ich das wissen? Ich will nicht hier bleiben. Hier will mich niemand! Ich gehe jetzt in die USA!“

Der 24-jährige Hamit, der drei Monate zu Fuß aus Afghanistan floh, nachdem er seine Frau und seine Familie im Krieg verloren hatte, erklärt, er habe schon jetzt einen Anwalt gesucht. Er will klagen wenn er des Landes verwiesen wird. Er werde alles versuchen, um den Taliban zu entgehen, sagt er. „Hoffnung ist eine Lüge“, wiederholt er immer wieder. Wozu eine Ausbildung anfangen? In drei Jahren ist er 27. Was soll er jetzt noch anfangen? Wenn er seine Ausbildung nicht mehr rechtzeitig beenden kann oder vorher schon gehen muss, war die Mühe umsonst. Er sieht keine Perspektive für sich. „Es ist eine Katastrophe für den einzelnen, wenn er zurück in seine Heimat muss. Uns macht das jedes Mal sehr betroffen, aber es liegt nicht in unserer Hand zu entscheiden wer bleiben darf. Wir können nur versuchen den Schülern eine gute Zeit, menschliche Wärme und Bildung mitzugeben, vielleicht etwas Zuversicht“, sagt Frau Maxim.

Autorin

Marion Wießmann (Deutschland)

Studium / Arbeit: Germanistik

Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch

Europa ist: interessant.

Illustration

Luzie Gerb (Deutschland)

Studium: Kunstgeschichte, Kunsterziehung und Vergleichende Kulturwissenschaft

Sprachen: Deutsch, Englisch, Schwedisch, Französisch

Europa ist… voller magischer Orte, interessanter Menschen und ihren Geschichten.

Webseite: luzie-gerb.de

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Die Au-pair Erfahrung https://de.meetinghalfway.eu/2015/07/die-au-pair-erfahrung/ https://de.meetinghalfway.eu/2015/07/die-au-pair-erfahrung/#respond Tue, 21 Jul 2015 11:00:05 +0000 http://de.meetinghalfway.eu/?p=635 Du bist 18, 25 oder sogar 30 Jahre alt. Du willst die Welt sehen, eine internationale Erfahrung machen, die ihre Spuren in dir hinterlässt, bevor du dein Leben weiter lebst. Das einzige Hindernis sind die Kosten die so ein Abenteuer mit sich bringt. Wenn du zusätzlich allerdings noch kinderlieb bist, ist es sehr wahrscheinlich, dass du dich für das gleiche entscheidest wie Esther, Heather, Janika und Rode (wenn du es nicht schon getan hast). Dafür, im Ausland als Au-pair zu arbeiten.

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Du bist 18, 25 oder sogar 30 Jahre alt. Du willst die Welt sehen, eine internationale Erfahrung machen, die ihre Spuren in dir hinterlässt, bevor du dein Leben weiter lebst. Das einzige Hindernis sind die Kosten die so ein Abenteuer mit sich bringt. Wenn du zusätzlich allerdings noch kinderlieb bist, ist es sehr wahrscheinlich, dass du dich für das gleiche entscheidest wie Esther, Heather, Janika und Rode (wenn du es nicht schon getan hast). Dafür, im Ausland als Au-pair zu arbeiten.

Dieser neue Trend hat Vorteile für beide Seiten: Familien, die einen Vollzeit-Babysitter zu einem günstigen Preis benötigen und Leute, die eine neue Kultur kennenlernen wollen, Unterkunft inklusive. Über Au-pair Agenturen und Webseiten finden sie zusammen, Arbeitsbedingungen, die je nach Land durch verschiedene Gesetze geregelt sind, werden individuell ausgehandelt. “Wir haben allerdings nur einen mündlichen Vertrag, ich habe nie irgendein Papier unterzeichnet,” meint Esther, die im Sommer 2011 Au-pair in Irland war. “Deshalb rieten sie mir bei der Agentur, ich solle nicht mehr Hausarbeit als nötig machen. Andernfalls gewöhnt sich die Familie daran, und am Ende arbeitest du mehr als vereinbart”.

 Esther im Malahide Schloss, Irland

Esther im Malahide Schloss, Irland

Der Hauptgrund für eine Arbeit als Au-pair ist für die meisten die Möglichkeit ein Jahr Pause zu machen und währenddessen die Sprache des Gastlandes zu verbessern und den unumgänglichen Moment aufzuschieben, in dem man sich entscheiden muss, was man mit seinem Leben anfangen will. Diese Idealvorstellung unterscheidet sich jedoch ziemlich von dem täglichen Zusammenleben mit den Kleinen, und nicht jeder ist dafür gemacht. “Man braucht viel Geduld und muss selbstständig sein, denn wenn man ankommt, kennt man keinen”, erklärt Janika, die ebenfalls 2011 Au-pair war. Anderen, so wie Heather, brachte es einen Vorteil für ihr Studium in Erziehung und frühkindliche Entwicklung: “Ich verließ Deutschland mit einer tiefen Zuneigung für die deutsche Kultur und Geschichte und sehr geringen, aber zweckmäßigen, Sprachkenntnissen.”

Heather in München

Heather in München

Die Arbeitsbedingungen hängen von der Familie ab, und es ist eine freie Entscheidung der Au-pairs, diese zu akzeptieren oder nicht. Rode, die ihre Heimat Brasilien verließ, um in Europa zu arbeiten, hatte unterschiedliche Erlebnisse: “Die letzte Familie, bei der ich gewohnt habe, unterstützte mich und half mir bei allem. Sie behandelten mich wie ein weiteres Familienmitglied. Aber bei der ersten, wo ich gewohnt habe, hatte ich keine gute Erfahrung. Ich sollte putzen und bekam wenig Geld.”

Rode in Irland

Rode in Irland

Unabhänging von dem individuellen Glück jedes Einzelnen ist es verbreitet, dass sich Gruppen von Au-pairs verabreden, um mit ihren Kleinen einen Spaziergang im Park zu machen. Somit sind schöne Momente und Anekdoten ein Teil ihrer Routine: “Die Eltern der Kinder auf die ich aufpasste ermahnten sie immer, mir zu gehorchen, weil ich die Chefin sei,” erinnert sich Esther lachend. “Eines Tages im Park rief eines von ihnen laut meinen Namen und als ich zu ihm kam, näherte sich eine Frau und fragte ‘Wer ist Esther?’. Der Junge antwortete zu meiner Überaschung: ‘Die Chefin!’. Da wurde ich rot”, gesteht sie.

Janika auf den Klippen von Moher, Irland

Janika auf den Klippen von Moher, Irland

Für Heather bedeutete das Zusammenleben mit einer Familie auch in anderer Hinsicht eine persönliche Herausforderung: “Ich war 23 und es war sehr schwer für mich, Teile meiner Freiheiten an meine Gastmutter abzutreten. Seit einigen Jahren lebte ich schon nicht mehr mit meiner eigenen Mutter zusammen”. Obwohl ihre Persönlichkeiten manchmal aneinander gerieten, machte die gute Beziehung, die sie zu den Kindern hatte, diese kleinen Zwischenfälle wett. Rode hingegen hebt den kulturellen Gesichtspunkt ihres Aufenthalts hervor. “Ich habe eine neue Kultur und ihre Sprache kennengelernt”.

Aber wie bewerten unsere Au-pairs dieses Abenteuer? “Es war eine großartige Erfahrung”, antwortet Janika entschieden. “Ich habe jetzt eine zweite Familie in Irland”, fügt Rode hinzu. Alle sind sich einig, dass die schönen Momente die schlechten mit Abstand überwiegen, fachlich genau so wie persönlich. “Es hat mir sehr geholfen, erwachsen zu werden. Ich habe ein wunderschönes Land kennengelernt, in das ich unbedingt zurückkehren möchte, und ich habe mein Englisch verbessert”, sagt Esther. Heather sagt zum Abschluss: “Es war ein einmaliges Erlebnis, jedes bisschen Heimweh und Frust und alle kulturellen Missverständniss waren es wert”.

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Autorin

Miriam Vázquez (Spanien)

Studium / Arbeit: Journalismus, Politikwissenschaftt, Verwaltung

Sprachen: Spanisch, Katalanisch, Englisch, etwas Französisch und Deutsch

Europa ist… ein einmaliger Ort, an dem Menschen mit verschiedenen Kulture, Sprachen und Meinungen zusammen leben.

Twitter: @mirabroad

Übersetzung

Anja Meunier (Deutschland)

Studium: Mathematik und Wirtschaft

Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch

Europa hat… schöne Länder, interessante Leute, einen tollen Lebensstil. Und die Notwendigkeit zusammen zu halten.

500px: Anja Meunier

Korrektur

Maria-Xenia Hardt (Deutschland)

Studium: Anglistik und Portugiesisch

Sprachen: Deutsch, Englisch, Franzäsisch, Portugiesisch

Europa ist… die Bar in meinem Studentenwohnheim, eine Zugfahrt von Warschau nach Lissabon und die Champions League.

Twitter: @mxhardt

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